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Konzert „Verzupft“ im Wildwuchs

Am Samstag den 4. Februar stellte das Gitarren-Ensemble „Verzupft“ seine Debut-CD im Rahmen eines Konzerts im „Café Wildwuchs“ in der Münchner Leonrodstrasse vor. In diesem kleinen – von Beginn an rauchfreien – Saal begannen die drei Musiker um  den „Primarius“ René Senn , die zweite Gitarre spielte Doris Leibold, und die dritte Gitarre war gut aufgehoben in den Händen von Thomas Kohl.

Die drei begannen mit sogenannter „Bauernmusik“. Wer aber nun allzu sehr an Wirtshaus und Krachlederne dachte, wurde sogleich eines Besseren belehrt. Was da von der Bühne kam, war alles andere als die übliche Bayerische Volksmusik. Wer – wie  René Senn – zu seinen Vorbildern den Bayerischen Musiker Joseph Eibl (den Eibl Sepp), aber andererseits auch Jimi Hendrix  zählt, von dem darf man auch in Punkto Volksmusik etwas Anderes erwarten. Und das hörte man auch vom ersten Stück an: Der Gitarren-Bayerische, eine Original-Komposition für drei Gitarren von Tobi Reiser sen. (1907-74), gemeinhin der Begründer jener klassischen „Stub’n-Musik“, wie sie heute so verbreitet ist – allerdings spielte „Verzupft“ laut Ansage dieses Stück heut zum letzten Mal, denn wie unlängst die Recherche von Doris Leibold ergeben hatte, spielte Tobi Reiser im Dritten Reich eine sehr unerquickliche Rolle, weshalb sich nicht nur das Ensemble, sondern sogar die Stadt Salzburg sich von ihm distanziert hat.

Es folgte eine ganze Reihe von Tänzen und Stücken aus einer Sammlung, die sich tatsächlich „Bauernmusi“ nennt, und die jeweils nach den Ansagen von Doris Leibold erklangen. Unterbrochen wurde diese Session von einem altenglischen Liebeslied „As I Was Awalking“ mit Doris Leibold als Sängerin, die mit ihrer hellklingenden Stimme von den beiden Gitarristen wunderbar untermalt wurde. Überhaupt ist – im Gegensatz zu sehr vielen klassischen Gitarristinnen und Gitarristen – das gesangliche Melodiespiel vor allem bei René Senn und Thomas Kohl ein ganz besonderes Merkmal. Wie wunderbar phrasiert diese Melodien daherkommen, kontrapunktiert von den Bassläufen auf der dritten Gitarre von Doris Leibold, ist beispielhaft. Aber ist es bekanntlich bei der Bayerischen Volksmusik sowieso zentraler Ausgangspunkt: Das Singen. Demzufolge können einiger der besten Volksmusik-Gitarristen – siehe der Eibl Sepp – Melodien so natürlich  spielen, wie „es sich gehört“, da sie es bereits mit der Muttermilch aufgesogen haben. (Wie auch Sergiu Celibidache darauf hinwies.) Und sowohl René Senn als auch Thomas Kohl gehören zu dieser „Gattung“ zweifellos dazu. Auch auf der CD ist das alles nachzuhören.

Aber der zweite Teil des Abends brachte noch andere Musik in unser Ohr: Und da ging dann einfach musikalisch die Post ab! Blues vom Feinsten, rhythmisch mit der Kontrabass-Gitarre von Doris Leibold zum schönsten grooven gebracht und von den beiden Herren in bester Spiellaune dem knallvollen Saal präsentiert. T-Bone Walker, Freddy Q und andere standen dann auf dem Programm, und die Tatsache, dass eben auch Jimi Hendrix zu den Vorbildern gehört, war genau wieder einmal der Beweis, dass es letztlich nur zwei Arten von Musik gibt: Gute – wie an diesem Abend – und schlechte, über die wir hier allerdings kein weiteres, überflüssiges Wort verlieren wollen.

[Ulrich Hermann, Februar 2017]