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Nicht nur Widmungsträger

Naxos 8.573474; EAN: 7 47313 34747 6

Mit vorliegender CD schließt die Reihe um die 13 Violinkonzerte des Virtuosen Pierre Rode mit Friedemann Eichhorn und dem Jena Philharmonic Orchestra unter Nicolás Pasquet. Zu hören sind die Konzerte Nr. 11 D-Dur op. 23 und Nr. 12 E-Dur op. 27 sowie die Air vairés E-Dur op. 12 und D-Dur op. 26.

Heute kennt man den französischen Geigenvirtuosen Pierre Rode hauptsächlich dadurch, dass Ludwig van Beethoven ihm 1811 seine letzte Violinsonate gewidmet hat. Doch auch als Pädagoge hatte er großen Einfluss, unter anderem durch die mit Baillot und Kreuzer zusammen entwickelte Méthode du violin, ebenso aber auch durch die 24 Capricen, die ein umfassendes Kompendium an Geigenetüden darstellen. Als Solist trat Rode erstmals im Alter von sechs Jahren auf, mit dreizehn verließ er seine Heimatstadt und hatte 1792 achtzehnjährig seinen großen Durchbruch. Viele Jahre zählte er zu den gefragtesten reisenden Virtuosen, doch nach einiger Zeit verblasste sein Ruhm: Sein Spiel sei kalt geworden, wie Louis Spohr behauptete, die Kühnheit wie auch die Sanglichkeit habe nachgelassen. Rodes letzte Konzerte endeten als Niederlage, versuchte Comebacks erwiesen sich als weitere Rückschläge.

Die dreizehn Violinkonzerte stehen in einem französischen Stil, ihre Konzeption nimmt Einfluss auf die Entwicklung des frühen romantischen Konzerts. Es handelt sich um Bravourstücke für den Solisten, die gleichzeitig delikat in ihren Anforderungen wie auch dankbar in ihrer Ausübung sind. Rode präsentiert jedoch keinen Katalog an Höchstschwierigkeiten, sondern setzt die technischen Hürden in den Kontext des musikalischen Geschehens. Es fällt auf, dass Rode selten auf Doppelgriffe oder Sprünge zurückgreift, dagegen zieht er rasche Läufe und vitale Figurationen vor. Das verleiht seiner Musik eine Leichtfüßigkeit und Eleganz. Besonders die langsamen Sätze zeichnen sich durch aufwändige Instrumentation aus, die durch Klangfarbenmischungen und feine Instrumentenwechsel bezaubert.

Friedemann Eichhorn weiß um die Solistenrolle der damaligen Zeit und führt diese Tradition fort: Er tritt als glänzender Virtuose auf, mutig und selbstsicher, stark und in den Randsätzen gar majestätisch. Seiner Stimme verleiht Eichhorn eine Prägnanz, die gleichzeitig lyrisch bleibt. In den Läufen lässt er seinen Bogen leicht springen und schafft so tänzerisch-leichte Passagen voller Lebendigkeit und Spielfreude. Um Vielfalt in die unendlichen Melodielinien zu bringen, könnte er noch dichteres Legato und feineres Piano dagegensetzen. Freiheiten nimmt sich Eichhorn nur in kadenzierenden Momenten, wo Rubati den Fluss der Musik nicht oder nur wenig stören. Das Orchester blüht besonders in den Mittelsätzen auf, Nicolás Pasquet meißelt die subtilen Details in der Stimmführung heraus und bringt gelassene Ruhe in die Musik, um die Atmosphäre deutlich von der Stimmung der Randsätze abzuheben.

[Oliver Fraenzke, September 2018]

 
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Hello Again!

László Lajtha
Orchestral Works 1
(Suite pour orchestre, Op. 19; In memoriam, Op. 35; Symphonie Nr. 1, Op. 24)
Pécs Symphony Orchestra
Nicolás Pasquet
Naxos 8.573643; EAN: 747313364374

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Bei Naxos erscheinen gerade Aufnahmen der Orchestermusik des Ungarn László Lajtha in Wiederveröffentlichungen einer Edition, die Mitte der 1990er-Jahre bei Marco Polo erst-erschienen war. Klangqualität und Interpretation sind auch für heutige Begriffe noch exzellent. Die Musik Lajthas stellt einen interessanten Sonderfall der osteuropäischen Musik des 20. Jahrhunderts dar.

Wie schon in früheren Jahren zu beobachten, kommen auch 2016 wieder einige Aufnahmen via Naxos auf den Markt, die in früheren Jahren beim Label Marco Polo erst-erschienen waren. Dazu zählen u.a. einige Spohr-Sinfonien, aber (interessanter vielleicht, weil viele Jahre vergriffen und noch immer außerhalb von Naxos/Marco Polo weitgehend unbeackertes Terrain) Orchesterwerke des Ungarn László Lajtha.

Da kann man mal wieder sehen, wie die Zeiten sich ändern: Als diese Aufnahmen 1996 zum ersten Mal beim Marco Polo-Label erschienen, kannten nur wenige Eingeweihte den Namen des Dirigenten Nicolás Pasquet. Heute hingegen – nach verschiedenen erfolgreich verbrachten und viel beachteten Chefdirigenten-Posten sowie einer Professorenstelle in Weimar – ist Pasquet zumindest im Ostteil Deutschlands eine durchaus prominente Figur. Heute ist allerdings kaum noch bekannt, dass er einst auch das Sinfonieorchester der südungarischen Stadt Pécs leitete (heute als Pannon Philharmonic Orchestra firmierend). Und was dieses Orchester damals für ein verblüffend exzellenter Klangkörper war, das zeigen diese spannenden Aufnahmen der Musik László Lajthas.

Lajtha ist ein Komponist gewesen, dessen Stil man unkonventionell nennen kann. Seine Lebensgeschichte verrät viel über die Musik, die wir hier hören können. Einerseits gehörte Lajtha zur Gruppe der Volksliedsammler um Kodály und Bartók, die die ungarische Folklore als Inspirationsquelle für ihre Kompositionen nutzten, andererseits kam Lajtha schon früh in Kontakt mit dem französischen Impressionismus und dem Expressionismus ebenso.

Zu Lebzeiten war er (wohl auch wegen politischer Belange) kaum als Komponist geläufig, sondern eher als Gelehrter, Professor, zeitweise auch als Rundfunkredakteur. Lajthas neun Symphonien sind aber ein bis zum heutigen Tage seltenes Beispiel für einen produktiven ungarischen Sinfoniker. Ungarn ist ja ein Land, das spätestens seit Liszts Proklamierung des Konzepts der Symphonischen Dichtung (vielleicht verständlicherweise) nur sehr wenige Symphonien im eigentlichen Sinne des Wortes und der Form hervorgebracht hat.

Lajtha ist, das zeigte die damalige Marco Polo-Reihe ganz deutlich, ein spannender, ein hörenswerter Komponist. Man kann ihn sicher nicht als einen der großen Meister einstufen, aber als einen wirklich hörenswerten, guten Komponisten. Und gerade seine Symphonien verraten neben einer unverkennbaren eigenen Tonsprache auch den einen oder anderen Blick in andere Länder des damaligen „Ostblocks“, denn es gibt zumindest vom Höreindruck her manche Parallelen zum sinfonischen Werk von z.B. Prokofjew, Martinů oder Myaskovsky. Erinnerungen kommen zudem an andere ungarische Musik auf: So blitzt in dem auf diesem Album eingespielten Opus 19 der Stil Kodálys auf oder auch der Weiners.

Im Opus 35 und in der ersten Sinfonie Op. 24 ist der Zugriff moderner, kantiger, mit einem spürbaren Willen zur Expression. Die Symphonie Nr. 1 erscheint dann auch in mancher Hinsicht „gewollt“ (aber auch gekonnt, wie ich hinzufügen möchte), wie überhaupt Lajthas Musik nicht den Eindruck eines gelassen, entspannt Komponierenden vermittelt, sondern stets (auch in ruhigeren, lyrischeren am französischen Impressionismus orientierten) Stücken oder Werkteilen eine gewisse Unruhe und innere Zerrissenheit in sich trägt.

Ist dies vielleicht auch mit ein Grund dafür, warum Lajthas Orchestermusik in der gesamten Tonträgergeschichte bislang nur durch das einstige ungarische Staatslabel Hungaroton und durch die Marco Polo-Edition, die hier bei Naxos nach Jahren wiedererscheint, dokumentiert ist? Man kann nur vermuten. Das Hören dieser Musik lohnt sich jedenfalls, und in der auch für heutige Maßstäbe noch exzellenten Klangqualität und Darbietung dieser Aufnahmen Nicolás Pasquets aus Pécs erst Recht! Schön, dass diese Raritäten nach Jahren endlich wieder erhältlich sind.

[Grete Catus, August 2016]