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Viva la Salsa

Naxos 8.559817; EAN: 6 36943 98172 6

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„La Salsa“ lautet der Titel der Sinfonía No. 3 von 2005 des 1953 geborenen Roberto Sierra. Zusammen mit Borikén (2005), El Baile (2012) und dem Orchesterliederzyklus Beyond the Silence of Sorrow (2002) wurden sie von Maximiliano Valdés und dem Puerto Rico Symphony Orchestra für die Reihe American Classics bei Naxos eingespielt. Sopransolistin in den Liedern ist Martha Guth.

Es gibt so manche großartigen Komponisten, an denen man unerklärlicherweise jahrelang komplett vorbeigeht. Doch in glücklichen Fällen wird man dann doch auf eines seiner Werke aufmerksam, legt eine CD ein und ist gebannt vom ersten Ton an. So erging es mir mit der Musik des 1953 geborenen Komponisten Roberto Sierra aus Puerto Rico. Der Titel der dritten Symphonie macht gespannt. „La Salsa“: Dies als Symphoniename evoziert sogleich eine Kombination aus lateinamerikanischer und europäischer klassischer Musik. Jeder, der einmal ein Konzert mit Musik Lateinamerikas besucht hat, kann bestätigen, wie fesselnd die Rhythmik ist, welch ein Schwung und welch unvergleichliche Atmosphäre aufkommen und wie doch jedes Land seine spezifischen Eigenheiten kann, die ganz klar zu differenzieren sind – ein Potpourri der Stile, zeitgleich divergierend und einheitlich verbunden. Die Versuche, solche Musik mit der europäischen Tradition zu verschmelzen, brachten bereits manch ein großes Meisterwerk hervor, wobei Namen wie Villa-Lobos, Ginastera, Serebrier, Hamel, Chuquisengo oder Iturriaga, Carpio oder León repräsentativ zu nennen sind.

Ein weiterer Name ist nun zweifelsohne in eine solche Favoritenliste aufzunehmen: Roberto Sierra. Seine Musik umfängt mit belebtem Schwung und tänzerisch-leichtfüßigem Elan, die lateinamerikanischen Tanzrhythmen und Charakteristika verschmelzen auf elegante Weise mit klassischen oder barocken Formen und schaffen eine einzigartige Mixtur, in welcher die grundverschiedenen Welten in Einklang zusammenleben. Der erste Satz der Symphonie entreißt den Hörer der vertrauten Welt und schmeißt ihn bereits in den ersten dreißig Sekunden in den Süden Amerikas dank seiner prägnanten Rhythmik und des gekonnten Einsatzes der Instrumente. Sowohl in der Symphonie als auch in den anderen Werken belässt Sierra es nicht bei einem einzigen Salsa-Stil, sondern mischt ältere und neuere Rhythmen. In Borikén herrscht zentral auch die spanische Musik und über lange Zeit eine gewisse dissonante Reibung vor, die nach dem spektakulären Höhepunkt nahtlos in einen bewegten Tanz ausmündet, dessen Thematik trotz des großen melodischen Ambitus lange Zeit im Kopf bleibt. Die Motivzelle von El Baile birgt zeitlos deutschen Kontext, denn hier findet sich unverkennbar die Notenfolge B-A-C-H, die wie die Chaconneform von Borikén auf das Barockzeitalter verweist – wenngleich dies nicht wirklich auf Anhieb herauszuhören ist. Sierra schafft kontinuierliche Entwicklungen, einen vollkommen eigenen Stil in der Kombination der unterschiedlichsten Einflüsse, und demonstriert eine unvergleichliche Gabe der Orchestration, die Instrumente eines klassischen Symphonieorchesters wie auch lateinamerikanische Rhythmusinstrumente einbezieht.

Das Puerto Rico Symphony Orchestra spielt makellos und klar durchhörbar, Dirigent Maximiliano Valdés sorgt für eine merkliche Strukturierung der Stimmpolyphonie und auch der Dynamik. Er achtet auf authentisch vermittelten Spannungsaufbau und lässt die Abschnitte organisch ineinander übergehen, ohne dass Lücken entstehen. Ihm gelingt es, die grundverschiedenen Elemente der Musik einzeln ans Licht zu rücken, einander abwechseln zu lassen und doch zugleich als zu einheitlicher Wirkung zu bringen. Alle Werke entstehen somit in einer spielerischen Leichtigkeit, die den Tanzcharakter unterstreicht, die Rhythmik ist dabei penibel genau eingehalten und überträgt unwiderstehlich den markanten Ausdruck der Musik. Eindrucksvoll ist die Plastizität, mit der alles so natürlich geschieht, der volle und gleichzeitig durchsichtige Klang, die schnelle Wandlungsfähigkeit zwischen Dissonanz und Tanz sowie im Bezug auf die Stimmwechsel. Teils etwas gekünstelt wirkt der Sopran von Martha Guth mit divenhafter Opernprätention und statisch-monotonem Vibrato. Dennoch passt sich die Stimme erstaunlich gut in das Orchestergeschehen ein und vermag, die enormen Kräfte zu lenken. Dabei beweist Guth frappierende Brillanz in abenteuerlichen Sprüngen und in sämtlichen Lagen ihrer Stimme.

Zusammenfassend eine restlos empfehlenswerte Einspielung aus dem Hause Naxos von einem grandiosen Komponisten, von dem hoffentlich noch mehr Musik auf CD erscheinen wird oder vielleicht sogar bald einmal im Konzertsaal zu erleben ist!

[Oliver Fraenzke, April 2016]