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Im Reich des feisten Ritters

Ralph Vaughan Williams
„Fat Knight“-Suite, Henry V Overture, Serenade to Music (Orchesterversion)
Label: Dutton Epoch
EAN: 76538773282
Art.-Nr.: CDLX7328

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Bis etwa 2007 waren die frühen Werke des Komponisten Ralph Vaughan Williams mit einem Bann belegt. Der Komponist hatte selbst verfügt, dass seine frühen Werke bis zur Norfolk Rhapsody No. 1 nicht veröffentlicht werden sollten. Zum Glück konnte er der Versuchung widerstehen, diese Kompositionen der Vernichtung preiszugeben. Wie wehmütig sind wir alle, dass etwa Komponisten wie Jean Sibelius oder Johannes Brahms, um nur einige Beispiele zu nennen, tatsächlich wohl ganze Werkbestände, mit denen sie nicht zufrieden waren, vernichtet haben. Unabhängig von der Qualität der untergegangenen Stücke, fehlt uns dadurch ein wertvoller Einblick in bestimmte Kompositionsphasen dieser Genies.

Kurz vor ihrem Tod hat Vaughan Williams zweite Ehefrau Ursula Vaughan Williams das Publikations- und Aufführungsverbot ihres Mannes aufgehoben. Seitdem gibt es CD-Veröffentlichung auf CD-Veröffentlichung, meist von den einschlägigen britischen Labels, die sich mit Vaughan Williams bislang vollkommen unbekanntem Frühwerk beschäftigten. Was da zutage kam, war sehr interessant, um die Entwicklung des Komponisten nachzuvollziehen, offenbarte aber keine überraschenden neuen Meisterwerke. Nun ist aber auch diese erste Welle von Veröffentlichungen vorüber, und die Labels machen sich offenbar Gedanken, wie sie die vielen Vaughan Williams-Fans weltweit mit weiteren, bislang unveröffentlichten Pretiosen beglücken können. Was da nahe liegt, sind offenbar Bearbeitungen.

Martin Yates hat sich in den letzten Jahren mit solchen Bearbeitungen immer wieder hervorgetan, sei es auf dem eigenen Label der Vaughan Williams Society (Albion Records), sei es bei anderen Labels wie etwa SOMM Recordings oder, wie hier, Dutton Epoch. Auf der neuesten Vaughan Williams-CD von Dutton überrascht uns eine Orchestersuite aus Vaughan Williams Oper „Sir John in Love“. Der Komponist hatte tatsächlich vor, diese Falstaff-Oper „Fat Knight“ zu nennen, wobei er jedoch wohl irgendwann einsah, dass dieser Titel mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Zuschauermassen in die Opernhäuser treiben würde.

„Sir John in Love“ klingt dann doch deutlich reizvoller. Nun hat Martin Yates eine Orchestersuite aus der Oper auf der Basis eines vom Komponisten angefertigten Klavierauszugs für vier Hände transkribiert. Somit steht uns nun eine ausgesprochen schöne Orchestersuite zur Verfügung, die es vorher noch nicht gab. Angereichert wird das Programm durch eine weitere Transkriptionen, nämlich die eigentlich für Blaskapelle geschriebene „Henry V“-Ouvertüre, sowie durch die orchestrale Version der eigentlich für 16 Gesangssolisten und Orchester geschriebene „Serenade to Music“.

Für Vaughan Williams-Fans, und diesmal nicht nur für die, ist das ein durchaus lohnendes, kurzweiliges Programm. Das ausführende Royal Scottish National Orchestra macht seine Sache wie immer recht gut, hat aber auch die von diesem Orchester bereits bekannten Probleme im Bereich der Blechbläser, die bei den Schotten in meinen Ohren keinen internationalen Spitzenstandard repräsentieren. Der Sound der Aufnahme entspricht dem üblichen guten aber routinierten Dutton-Standard. Auch wenn das Label neuerdings mit der Veröffentlichung auf SACD punkten will (was zweifellos durch den Mehrkanalaspekt ein Pluspunkt für Leute mit Surroundanlage sein mag), so ist der Aufnahmestandard bei Dutton nach wie vor meist nicht mehr als gute Tonmeister-Routine. Und so durfte sich hier diesmal Michael Ponder austoben, der zu den aus UK bekannten Freelancern gehört, die u.a. auch für DECCA, onyx oder Naxos die Mikrofone aufstellen.

Als Fazit könnte man ziehen, dass CDs wie diese unbestreitbar den Vorteil haben, dass sie neue Blickwinkel auf die Musik von Ralph Vaughan Williams eröffnen. Gravierender Nachteil der Vaughan Williams-Veröffentlichungen der letzten Jahre, die sich ja ganz überwiegend mit dem bislang unbekannten Frühwerk oder dem in irgendeiner Form abseitigeren Werk des Komponisten beschäftigt haben, sehe ich persönlich darin, dass sie zunehmend vom Hauptwerk ablenken.

So sei nochmals betont, dass Vaughan Williams am allerbesten über seine Sinfonien entdeckt werden sollte und über seine wunderbaren, leider sträflich vernachlässigten Instrumentalkonzerte. Auch seine durchaus interessanten Opern sollten ruhig stärker Zentrum des Interesses gerückt werden. So glücklich ich als eingeschworener Vaughan Williams Fan über jede Neuentdeckung bin, so muss ich doch sagen, dass sie nicht immer halten, was sie versprechen. Und das kann sogar etwas abträglich sein, wenn es darum geht, neue Anhänger für die Musik dieses großen britischen Komponisten zu begeistern. Und so ist doch diese neue Vaughan Williams-CD von Dutton letztendlich das, was der Brite wohl ein „Mixed Bag“ nennt.

[Grete Catus, März 2016]