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Finesse & Bravour


Konzert am 11. November 2019 im Herkulessaal
Münchner Kammerphilharmonie dacapo

Musik von Gioachino Rossini (1792-1868), Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791),

Frédéric Chopin (1810-1849) und Maurice Ravel (1875-1937)

Jördis Bergmann, Violine
Ulrich Roman Murtfeld, Klavier
Franz Schottky, Dirigent

Mit Rossinis Ouvertüre zum „Barbier von Sevilla“ begann das sonntägliche Konzert der
Münchner Kammerphilharmonie dacapo gleich mit einem Reißer, der den vollen Herkulessaal in die rechte Stimmung versetzte. Nicht überhastet, alle Finessen auskostend, servierte uns Franz Schottky mit großem Orchester diesen „Evergreen“. Dabei war die „Ansprache“ des Dirigenten dazu eine gelungene Einführung, wie immer.
Beim letzten Violinkonzert von Mozart in A-Dur verkleinerte sich die Besetzung natürlich, und die Solistin betrat die Bühne: die junge Jördis Bergmann mit ihrer Mittenwalder Sandner-Geige und dem Bogen des Franzosen Louis Morizot. Kurz vor seinem 20. Geburtstag vollendete Mozart sein fünftes und damit letztes seiner Violinkonzerte, viele halten es für sein bestes. Jedenfalls ist es bei Solistin, Dirigent und Orchester in besten Händen. Mozarts Musik ist eigentlich unbeschreiblich – wem sag ich das? – aber was da vor allem im zweiten Adagio-Satz von Mozarts ganz anderer, der zutiefst melancholischen Seite des oft so heiteren Götterlieblings, zu Tage trat und zu hören war, das berührte ganz besonders tiefe Regionen. Natürlich endete der dritte Satz dieses Konzerts in der „Liebes-Tonart“ A-Dur nach einem kleinen verschmitzten Ausflug in die Musik des osmanischen „Erbfeindes“ in heiterster Gelassenheit.


Nach der Pause erklang Frédéric Chopins Meisterwerk, die Variationen für Klavier und
Orchester über „La ci darem la mano“ aus Mozarts „Don Giovanni“. Mit diesem Stück hatte der 17-jährige Chopin sich durchgesetzt, auch Robert Schumann huldigte ihm dann in seiner „Neuen Musikzeitung“. Natürlich wäre der Komponist nicht Chopin, würde er die Melodie einfach nehmen und ein paar Variationen daraus machen, wie es ja damals durchaus auch Mode war. Er tastet „Reich mir die Hand, mein Leben“ sofort nach seinen harmonischen und melodisch-strukturellen Möglichkeiten ab, und entwickelt so ein wahres Feuerwerk an pianistischen und orchestralen Möglichkeiten. Es ist faszinierend, zu hören, wie weit sich Chopins Musik seit Mozarts Tod, der ja knapp drei Jahrzehnte her war, im Weiteren entwickelt hatte. Ulrich Roman Murtfeld gab dem Klavierpart Finesse und Bravour, das Orchester war nicht einfach nur „Begleiter“, sondern Partner im gemeinsamen Entstehen-Lassen dieser Komposition, die Chopin noch vor seinen beiden Klavierkonzerten schrieb.
Als Zugabe – und gelungene Überleitung zu Ravels Musik – spielte der Pianist nach
großem Beifall eine Prélude von Claude Debussy.


Im letzten Teil vergrößerte sich das Orchester noch einmal, auch die Harfe kam zum Zug. In jedem von uns ist französische Musik, so erinnerte bei seiner Ansage Franz Schottky an seinen Lehrer Sergiu Celibidache, von dem dieser Hinweis auch in Bezug auf die Finesse und orchestrale Bravour des „Tombeau de Couperin“ von Maurice Ravel stammt. Und wirklich, was da an Klangfülle, rhythmischer „Vertracktheit“ und melodiösen Schimmern vernehmbar wird, ist einfach überwältigend. Alle Teile des Orchesters, aber ganz besonders die Bläser-Gruppe, steigerten sich fast in einen Spiel- und Klangrausch – allerdings sind alle Instrumente in ihren grandiosen Möglichkeiten stark gefordert in diesem „Klagegesang“ für den französischen Altmeister Francois Couperin, der übrigens am 10. November Geburtstag hatte. Ravel schrieb dieses Orchester–Wunderwerk mitten im Krieg 1916, wovon glücklicherweise nichts zu hören und zu spüren ist. Die Münchener Kammerphilharmonie dacapo zeigte sich in absoluter Höchstform und ließ dieses Sonntags-Konzert zu einem ganz besonderen Erlebnis werden. Vielen Dank!
Großer Beifall, Blumen – die wie gewohnt einigen auszuzeichnenden Solistinnen und
Solisten gewidmet wurden.


Im Übrigen … aber das wissen Sie ja selbst.

[Ulrich Hermann, November 2019]