Chandos, CHSA 5194; EAN: 0 95115 51942 4
Vorliegende Aufnahme des Labels Chandos enthält Orchesterwerke von Dag Wirén: Wir hören die Dritte Symphonie Op. 20, die Serenade Op. 11, das Divertimento Op. 29 sowie die Sinfonietta Op. 7a, gespielt vom Iceland Symphony Orchestra unter der Leitung von Rumon Gamba.
Das hier als Überschrift fungierende Zitat des Schweden Dag Wirén versinnbildlicht seine Herangehensweise an das Komponieren. Wirén wurde mit Lars-Erik Larsson, Gunnar de Frumerie und Erland von Koch in eine Komponistengeneration hineingeboren, die von den Musikologen als schwedischer Neoklassizismus benannt wurde. Dieser entfaltete sich auf den Errungenschaften Nystroems und Rosenbergs, welche die Nationalromantik ablösten, indem sie die Musik zunehmend modernisierten. Wirén schnitt seine Musik auf den Hörer zu, nicht auf die ideologisch ausgerichtete Fachpresse. Er besann sich zurück auf die Epoche der Klassik sowie auf Bach und integrierte in gleichem Maße nordische Anklänge in seinen Stil. An Stelle einer komplexen Kontrapunktik tritt eine Melodie in Führungsfunktion, von einer oft rhythmisch und chromatisch aufgeladenen Begleitung sekundiert. Die Musik hegt den Wunsch, zu unterhalten, verfehlt jedoch zu keiner Zeit künstlerischen Wert und Anspruch. Sein Leben lang verfeinerte Wirén seinen Stil immer weiter, entsagte allem Überfluss und Schwulst in der Musik – ein Ideal, das er mit Jean Sibelius teilte.
Ansprechend gestaltet sich die Aufnahme mit Rumon Gamba und dem Iceland Symphony Orchestra vor allem in den kurzen Sätzen der Streicherserenade und des Divertimentos. Der Dirigent zieht den Reiz der Stücke aus ihrer prägnanten Kürze und der Einprägsamkeit der Themen. Aus der Sinfonietta, einer Umarbeitung einer Jugendsymphonie, und der umfangreicheren Dritten Symphonie holt Gamba hinreißende Details und sorgt für lebendige Vielfalt im vitalen Orchestersatz. Es gelingt ihm allerdings nicht unbedingt, die umfangreicheren Sätze als musikalische Einheit zu erfassen, die äußerlich klare Form mit innerem Sinn und bezwingender Folgerichtigkeit zu erfüllen.
Die Chandos-Aufnahme überzeugt im Großen und Ganzen durch Musizierfreude und klanglichen Reiz, sie belebt einen in den letzten Jahren immer weiter an den Rand der Wahrnehmung gedrängten Komponisten wieder, der auf hohem Niveau für den einfachen Hörer schrieb, und dem viel mehr Aufmerksamkeit zusteht.
[Oliver Fraenzke, März 2018]