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Frühlingsserenade

Kammerphilharonie dacapo im Künstlerhaus Festliche Frühlingsserenade am 15. Mai 2019

Werke von Mozart, Haydn, Glasunow, Elgar und Holst

(Bild: Ulrich Hermann)

Nach einer informativen Begrüssung durch Franz Schottky – wie stets bei den Konzerten der Kammerphilharmonie dacapo – begann das Programm der festlichen Frühlingsserenade mit dem dritten Horn-Konzert in Es-Dur von Mozart mit dem Solisten Aleksandar Crnojevic, dem Solohornisten des Orchesters. Die drei Sätze gehören zwar der Musik, die sehr bekannt ist, allerdings ist es immer wieder ein Erlebnis, sie live zu hören. Natürlich spielte der Solist makellos, wurde überaus sensibel und aufmerksam von seinen Kolleginnen und Kollegen begleitet, der langsame zweite Satz besonders einfühlsam, aber dieses Stück ließ keine Wünsche übrig und war ein wunderschöner Beginn eines zauberhaften Abends.

Dann waren die Streicher mit dem Divertimento Es-Dur von Joseph Haydn in ihrem ganz eigenen Element. Vom ersten Ton an hörten wir den typischen „Haydn’schen“ Tonfall, ganz vorzüglich allerdings im zweiten Adagio-Satz, wo der Konzertmeister, der junge Marius Bigelmeier, sein berückendes Solo mit vollendeter Leichtigkeit und tiefster Hingabe – begleitet von „hingetupften“ Streicher-Tönen – spielte und wieder einmal die ganze Genialität des „Papa Haydn“ erlebbar machte.

Für die nächsten beiden Stücke „Réverie“ op. 24 und der Serenade für Horn und Orchester op.2 /11 vom russischen Komponisten Alexander Glasunow ( 1865 – 1936) kam wieder Aleksandar Crnojevic auf die Bühne und bezauberte erneut mit diesen beiden spätromantischen elegischen Stücken.  Das dreifache Pianissimo in der Serenade kurz vor Schluß gelang außerordentlich, danach schließt das Stück mit einem vollen Akkord von Horn und Orchester. Großer Beifall für den gesamten ersten Teil.

Im zweiten Teil folgte die relativ bekannte Serenade op. 20 in e-Moll von Edward Elgar: so richtig passende Musik für den noch lange nicht überstandenen Brexit, oder? Jedenfalls eine wunderbar elegische melancholische Musik, in der der ausgewogene und „lustvolle“ Streicher-Klang der Kammerphilharmonie dacapo sich perfekt entfaltete. Als Höhepunkt – und das gehört ja bei dacapo dazu – ein Stück, dessen Komponisten Gustav Holst (1874-1934) man zwar kennt, aber nicht dessen St. Pauls Suite, das einfach ein spannendes, sehr vergnügliches und raffiniert rhythmisch vertracktes Musikstück ist. Der ideale Abschluss eines sehr ansprechenden Konzert-Abends. Langer, großer Applaus, Blumen für Dirigent und aus seinem Strauß Blumen für die Orchester-Damen, das lässt sich Franz Schottky nicht entgehen.

Das Sommerprogramm der Kammerphilharmonie hält glücklicherweise noch ein paar überaus spannende Überraschungen bereit, wie schön!

[Ulrich Hermann, Mai 2019]

Aus der Schatzkiste der britischen Oper

Label: DUX; Vertrieb: note1; Art.-Nr.: DUX1307-1308; EAN: 5902547013077

Zwei verborgene Schätze der englischen Oper gibt es derzeit bei einem Label zu heben, von dem man es nicht unbedingt erwartet hätte, dass ausgerechnet bei diesem Label britische Opern erscheinen würden. Dabei handelt es sich um das polnische Label DUX. Hintergrund dieser ungewöhnlichen Veröffentlichung ist das 20. Ludwig van Beethoven-Osterfestival in der polnischen Hauptstadt Warschau. Intendantin dieses Festivals ist die Ehefrau des Komponisten Krzystof Penderecki. Und bei der 20. Ausgabe dieses Festivals scheint britische Musik einen Schwerpunkt eingenommen zu haben.

So kommen wir unverhofft in den Genuss zweier selten bzw. noch nie aufgenommener Opern von Gustav Holst und Ralph Vaughan Williams. Gustav Holsts Oper „At the Boar’s Head“  ist dabei die Weltersteinspielung. Bislang gab es von diesem Stück nur einzelne Szenen auf teils uralten Schallplattenveröffentlichungen, noch nie aber die komplette Oper am Stück.  Vaughan Williams Stück „Riders to the Sea“ hingegen wurde schon des Öfteren eingespielt, bislang aber ausschließlich mit Aufnahmen von britischer Provenienz mit meistens sehr namhaften britischen Sängern, Orchestern und Dirigenten. Es gibt also zumindest im Bereich der Vaughan Williams-Oper Vergleichsmöglichkeiten.

Gustav Holst „At the Boar’s Head“ ist eine typische Falstaff-Oper nach dem gleichnamigen Shakespeare-Vorbild. Auch Ralph Vaughan Williams, der ein enger Freund Gustav Holsts war schrieb eine Falstaff-Oper und nannte sie „Sir John in Love“. Vergleicht man beide Werke miteinander, so schneidet Holsts Ausgabe des Falstaff-Stoffes musikalisch konventioneller aber vielleicht unterhaltsamer ab. Die Komik des Stoffes betonend, mit süffigen Trinkgelage-Szenen und heiteren, bewegten Dialogarien ausgestattet und mit einem durch und durch volkstümlichen Flair ausgestattet, ist dies ein sehr schön zu hörender Einakter, der vielen Opernfans Freude bereiten kann. Unter kompositorischen Gesichtspunkten kennt man sicherlich Subtanzielleres von Gustav Holst, und ohne eine andere Oper dieses Komponisten zu kennen, der immerhin fünf Gattungsbeiträge verfasst hat, wage ich zu behaupten, dass Holst nicht unbedingt seine Berufung als Opernkomponist gesehen hat. Man kennt ihn heute ja auch für ganz anderes Repertoire, unter anderem für zum Teil sehr überzeugende Orchestermusik.

Bei Vaughan Williams liegt die Sache etwas anders. Ralph Vaughan Williams war ein Opernkomponist, der sich aus eigener Leidenschaft zu Oper der Gattung immer wieder angenähert hat und letztlich beeindruckende acht Beiträge zum Genre verfasste. Das von diesen acht Stücken heute kaum noch eines wirklich bekannt ist, liegt nicht unbedingt an mangelnder kompositorischer Qualität, sondern auch an einen fehlgeleitetem Blick auf Vaughan Williams als vermeintlich reinem Sinfoniker. Vaughan Williams war aber vor allem anderen ein erfahrener Vokalmusikkomponist, der neben Kantaten und seiner Chorsymphonie „A Sea Symphony“ auch Klavier- und Orchesterlieder, Chormusik, geistliche Musik wie Messen und zum Teil merkwürdig anmutende vokal besetzte Mischgenres bedient hat, wie etwa die für 16 Solisten und Chor angelegtes „Serenade to Music“. „Riders to the Sea“ ist ein verblüffend kurzer Einakter, der kaum 40 Minuten ausfüllt. Die Geschichte (nach einem Bühnenstück von John Millinton Synge) spielt im ländlichen Irland und ist eine typische Geschichte nach dem Motto „das Meer fordert seine Opfer“. In dieser Hinsicht könnte man die Oper durchaus als einen Vorläufer von Brittens „Peter Grimes“ auffassen. Vielleicht ist das aber auch zu hoch gegriffen. Die Komposition ist über weite Strecken überzeugend. Wirklich ergreifend ist die Schlussszene mit dem Trauergesang der Maurya (in dieser Einspielung wundervoll verkörpert von Katherine Reveille), die zu den besonders berührenden Szenen der jüngeren britischen Oper zählen dürfte.

Was auch immer man von diesen beiden britischen Kurzopern kompositorisch halten mag, die Qualität der Einspielungen ist begeisternd! Wirklich alle Sänger sind nicht nur sehr gut in ihren Rollen, sondern immer wieder in Bereichen, die ich als referenzwürdig einstufen würde. Die Warsaw Chamber Opera Sinfonietta samt Chor unter Leitung von Łukasz Borowicz liefert gleichfalls glänzende Leistungen ab, ist aber im Audio-Mix zu weit nach hinten gemischt worden. Obwohl es sich um Liveaufnahmen handelt, sind keine Nebengeräusche zu hören, was auch daran liegen mag, dass diese Aufnahmen konzertant erfolgt sind. Ich kenne einige Einspielungen des Vaughan Williams-Stücks „Riders to the Sea“, unter anderem bei Chandos und in älteren Auflagen bei der EMI. Doch diese neue Liveproduktion von DUX ist auf technischem und gesanglichem Gebiet absolut auf Augenhöhe und im emotionalen Zugriff früheren Einspielungen sogar überlegen.

Warum diese beiden Opern hingegen als unnötig teures Doppelpack erscheinen und nicht einzeln veröffentlicht werden, bleibt mir trotz ihrer jeweils kurzen Spielzeit etwas unklar… Immerhin ist die Ausstattung toll, mit reich bebildertem Booklet und komplettem Libretto. Hut ab, DUX!

[Grete Catus, März 2017]