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Drei Mal gegen den Strich

Cracked Anegg records, crack0066; EAN: 9 120016 850749

„Trillium“ heißt das neue Jazz-Projekt, das drei einzigartig-individuelle Künstler zusammenführt: den Gitarristen Gerard Guse, die Bassistin Gina Schwarz und den Schlagzeuger Ramon Lopez. Bei Cracked Anegg Records erschien nun ihre erste CD, in der sie ihren Sound in elf Tracks ausleben.

Ein Trio mit Gitarre, Bass und Schlagzeug bietet einerseits zahlreiche klangliche Möglichkeiten, lässt den Wechsel zwischen akustischen und elektronischen Elementen zu und verleiht dem Bass eine besonders wichtige Rolle, da er keine harmonische oder melodische Unterstützung eines Klaviers bekommt. Sowohl Gitarre als auch Bass erreichen hohe Lagen, können aber auch gemeinsam die Tiefe erforschen. Und andererseits ist der Klang solch eines Trios nackt, denn keines der Instrumente kann ohne elektronische Mittel die Töne länger halten, als die Saiten schwingen. Keine Bläser oder Streicher schmücken die Musiker aus, was ihnen schnelle Reaktion und flexible Gestaltung der melodischen und harmonischen Strukturen abverlangt. Ausgefeiltes Wechselspiel und ein Miteinander in jeder Hinsicht sind erforderlich, um auf einem Gitarre-Bass-Schlagzeug-Trio etwas „Vollständiges“ erwachsen zu lassen.

Als Initiator des Projekts „Trillium“ gilt der deutsche Jazzpianist Joachim Kühn, den der Schlagzeuger Ramon Lopez in Ibiza besuchte. Dies veranlasste Kühn, eine Session in seinem Studio zu organisieren, wozu er den Gitarristen Gerard Guse hinzuholte. Begeistert von diesem Sound kam ihm die Idee, Gina Schwarz hinzuzuholen und zu sehen, wie die drei harmonieren – und wurde von ihr und der Konstellation als Trio überzeugt.

Heraus kam ein Album, das vor Eigenheit und Individualität nur so strotzt: Die drei Musiker wagen, um zu gewinnen. Wendig wechselt das Trio zwischen den Abschnitten, schwenkt von gefundenem Groove und nachvollziehbaren Melodien plötzlich um zu freien und klangbasierten Sphären, lässt es dabei für den Hörer offen, ob sie wieder zurückkehren, oder ob die Reise sie ganz wo anders hin führen wird. Allgemein wird die Musik von Freiheit und Ungebundenheit – wenn nicht sogar von Unbekümmertheit – charakterisiert. Doch gleich, wohin die Musik die drei gerade bringt, sie agieren stets als Einheit zusammen und ergänzen einander vollkommen. Viele Passagen leben mehr von erwirkten Zuständen denn von musikalischem Fortgang und teils fehlt mir ein identifizierbares melodisches Gerüst oder eine hörbare Struktur; das Risiko dazu ist bei so viel Eigensinn nachvollziehbar. Dafür belohnen Guse, Schwarz und Lopez den Hörer über lange Strecken mit unerhörter Musik, die gegen den Strich geht.

[Oliver Fraenzke, Juli 2018]

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Hard and Heavy

Cracked Anegg records, crack0056; EAN: 9 120016 850602

Gina Schwarz Unit feat. Jim Black: Woodclock

Für die Gina Schwarz Unit holte sich die Namensgeberin drei ihrer Lieblingsmusiker mit an Bord: Fabian Rucker am Saxophon und der Bassklarinette, Benjamin Schatz an den Tasten und Heimo Trixner an der Gitarre. Die Bassistin Gina Schwarz komplettierte die Unit mit dem gefragten Schlagzeuger Jim Black. Im Titeltrack Woodclock hören wir zudem Marco Blascetta als Redner.

Die CD mag unter der Genrebezeichnung Jazz laufen und doch reichen die hier zu hörenden Tracks über das hinaus, was wir damit verbinden, gehen eher in etwas über, das als Art-Rock zu bezeichnen wäre. Härte strahlt die Musik aus, was einerseits an der treibenden und vielschichtigen Schlagzeugrhythmik und dem prägnanten  Ansatz der übrigen Spieler liegen mag, andererseits aber auch von den künstlerisch hoch anspruchsvollen Strukturen und Polyphoniegebilden herrührt. Die von Gina Schwarz komponierten Stücke wollen nicht gefällig sein und sich erst recht nicht anbiedern, selbstbewusst und eigenwillig geht sie ihren Weg. Die Titel verlangen von Musikern wie Hörern höchste Aufmerksamkeit, entlohnen dafür mit Präsenz und packender Wucht. Elektronische Effekte verleihen Nachdruck und verzerren zusätzlich.

Jeder der fünf Musiker steuert etwas von sich bei, gibt der Musik eine persönliche Note. Und das zahlt sich aus, denn das Resultat erstrahlt als eigenständiges Meisterwerk, das die Kraft und das Können jedes Einzelnen vereint und bündelt. Dichte Stimmvielfalten entstehen, wobei jede Stimme für sich selbst steht und besticht, parallel im Gesamtkontext wirkt und dort bezaubert – bezaubern nicht im romantischen Sinne, sondern eher mit Bikerhelm, Lederjacke und elektronisch verzerrter Gitarre.

[Oliver Fraenzke, Mai 2018]

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