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Philosophengespräche

Fidelitas, Pegasus, FR 16.001; EAN: 9 783944 256009

 

Jens Oberheide stellt ein Gespräch zwischen Moses Mendelssohn und Gotthold Ephraim Lessing nach, das resultierende Hörspiel wird gelesen von Gerhard Fehn und Ferenc Husta, musikalische Untermalung bietet Franck Adrian Holzkamp mit eigenen Werken.

Eine etwas andere CD fiel mir in die Hände, mehr Hörspiel als Musik, doch ist es schon immer ein wichtiges Ziel von The New Listener gewesen, jederzeit gerne über den Tellerrand hinaus die Fühler auszustrecken (andere und ausgefallenere Artikel werden folgen!), und so hat auch vorliegende Aufnahme einen Platz hier verdient.

Zwei große Persönlichkeiten des achtzehnten Jahrhunderts lernen sich beim Schachspiel kennen und werden lebenslange Freunde mit intensivem Austausch. Viele Textquellen sind uns überliefert, leider nicht die Gespräche zwischen dem Philosophen Moses Mendelssohn, Großvater von Felix Mendelssohn-Bartholdy, und dem Dichter Gotthold Ephraim Lessing. Jens Oberheide machte es sich nun zur Aufgabe, aus insgesamt 138 Textquellen einen Schach-Dialog zusammenzustellen, der bewusst offen gehalten ist, nicht alles beantwortet, gerne einmal springt und so einem echten Dialog nahekommt. Außer kleinen Korrekturen für das Verständnis oder den Kontext wurde wenig verändert oder eingefügt. Zwischen all den Themen, von Philosophie, Religion und Kunst zu Wissenschaft oder strategischen Schachzügen gibt es natürlicherweise Gedankenpausen, und diese werden mit Klaviermusik von Franck A. Holzkamp angereichert. Es entsteht ein stimmiges Ganzes, das schweifende Einblicke in Denkweisen und Werke der Schriftsteller bietet und kurzweilige Unterhaltung mit wissenswerten Erkenntnissen kombiniert.

Die Sprecher, Gerhard Fehn und Ferenc Husta (letzterer als langjähriges Mitglied der Wise Guys beinahe ein „Star“ der Populärmusikszene), rezitieren ihre Rollen verständlich und gut prononciert, der Hörer kommt gut mit und kann die Gedankengänge leicht verfolgen. Durch Studioakustik und Tonfall erhält man allerdings nicht das Gefühl, einem „echten“ Dialog, sondern zwei vereinzelten Stimmen zu lauschen.

Romantisch berühren die eingeschobenen Werke von Franck Adrian Holzkamp, teils mit leichten Einflüssen des Minimalismus. Seine Notturnos, Bagatellen und Slow Airs sind von anmutiger Schönheit und Schlichtheit, laden zum Träumen ein. Der Komponist ist zugleich auch der ausführende Musiker und bietet sie mit Zartheit, innigem Feingefühl und meditativer Ruhe dar, lässt die Musik die philosophischen Gedanken weitertragen und fortspinnen, verknüpft und komplettiert die fiktiven Dialoge damit zu einem Ganzen.

[Oliver Fraenzke, Januar 2017]