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Franz Schmidts 150. Geburtstag – Bericht von der Jubiläumsfeier der Musikschule Perchtoldsdorf

2024 ist vorüber, und damit das Jahr, in welches Franz Schmidts 150. Geburtstag fiel. Im April 2024 hatte ich ein Konzert in Perchtoldsdorf bei Wien besucht und in der Besprechung desselben angemerkt, dass, was das Gedenken an Schmidt betrifft, der Vorort der Hauptstadt den Rang abgelaufen hat. Diese Formulierung hat ihre Gültigkeit behalten. In Wien, dem Hauptwirkungsort des Komponisten, tat sich seitdem nichts, was einen Grund geliefert hätte, an ihr etwas zu ändern.

In der südwestlich an Wien angrenzenden Marktgemeinde Perchtoldsdorf, wo Schmidt seit 1926 lebte, hat man es sich dagegen nicht nehmen lassen, den Komponisten angemessen zu ehren. Nicht weniger als zwölf Veranstaltungen hat die im Ort ansässige Franz Schmidt-Musikschule im vergangenen Jahr durchgeführt. Den krönenden Abschluss fand die Reihe am 22. Dezember 2024, dem Tag, an dem sich der Geburtstag des Meisters zum 150. Male jährte. Die musikalisch reich ausgestattete Geburtstagsfeier im Franz Szeiler-Saal der Musikschule war eine durchaus internationale Veranstaltung, denn sie führte, sowohl was die Mitwirkenden, als auch was die Gäste betraf, Freunde des Schmidtschen Schaffens aus mehreren Ländern zusammen.

Durch den Abend führten die Leiterin der Musikschule, Maria Jenner, und der britische Dirigent Jonathan Berman, dessen Gesamtaufnahme der Symphonien Schmidts auf diesen Seiten besprochen wurde (siehe auch das Interview mit Jonathan Berman). Auf unterhaltsame Weise verknüpften sie, teils auf Deutsch, teils auf Englisch, die einzelnen Musikbeiträge, dabei immer wieder Episoden aus Schmidts Leben einflechtend. Im Publikum saßen mehrere Nachkommen von Schülern oder Freunden Franz Schmidts. Auch unter den Musikern fand sich mit dem Cellisten Wolfgang Panhofer der Sohn eines Schmidt-Schülers (des Pianisten Walter Panhofer). Gemeinsam mit dem Pianisten Michael Capek spielte er sehr idiomatisch zwei der Drei kleinen Fantasiestücke nach ungarischen Nationalmelodien, die das älteste Werk Schmidts sind, das dieser als gültig betrachtete. Franz Schmidts einziger noch lebender Enkel, der Schauspieler August Zirner, der sich abseits von Film und Bühne als Flötist betätigt, konnte leider nicht persönlich an der Veranstaltung teilnehmen, hatte aber im Vorfeld ein Video aufgenommen, das nun als Gruß an die Anwesenden gezeigt wurde: Gemeinsam mit vier Schülerinnen der Musikschule (Marlene Stralz, Elisabeth Stix, Anna Dockner und Nevena Vaz Gomes Bairrada) spielte Zirner das Thema des Variationssatzes aus der Zweiten Symphonie seines Großvaters in einer Bearbeitung für vier Flöten und Kontrabass.

Schmidt, der zu den besten Pianisten seiner Zeit gehörte, fühlte sich vom Klang des Klaviers nicht zum Komponieren angeregt, hat aber auf Bestellung des einarmigen Pianisten Paul Wittgenstein das Repertoire für die linke Hand mit konzertanten, kammermusikalischen und solistischen Meisterwerken reich bedacht. Für Klavier zu zwei Händen schrieb er nur ein einziges Stück: die Romanze aus dem Jahr 1922. Als Geschenk für seinen Trauzeugen verfasst, geriet es dem Komponisten „aus den Augen, aus dem Sinn“ und wurde erst lange nach seinem Tod gedruckt. Der Churer Domkapellmeister Andreas Jetter, der als Organist gerade an einer Gesamteinspielung der Schmidtschen Orgelmusik arbeitet, war genau der richtige Mann darauf hinzuweisen, welche Qualitäten in dem kurzen Werk stecken, dessen Glockenimitationen eine überraschende Brücke zur Klangwelt Debussys schlagen. Auch der schweizerische Pianist Karl Andreas Kolly hat sich für Schmidt eingesetzt und eine CD aufgenommen, wozu er aufgrund des Mangels an zweihändigen Originalkompositionen mehrere Orgelstücke für Klavier übertrug. Die Stärken des Klaviers geschickt nutzend, gab Kolly mit dem Choralvorspiel über O, wie selig seid ihr doch, ihr Frommen aus den Vier kleinen Choralvorspielen von 1927 eine überzeugende Kostprobe seiner Arbeit. Da der Franz Szeiler-Saal auch über eine kleine Orgel verfügt, konnte durch Stefan Donner, dessen wunderbare Darbietung der C-Dur-Toccata in der Perchtolsdorfer Kirche St. Augustin dem Verfasser dieser Zeilen noch in guter Erinnerung war, auch dieser Teil des Schmidtschen Schaffens präsentiert werden. Diesmal spielte Donner Präludium und Fuge A-Dur von 1934.

Dass die Musikausbildung in Perchtoldsdorf in den Händen fähiger Kräfte liegt, davon zeugte die Aufführung des langsamen Satzes aus dem für Paul Wittgenstein komponierten Klavierquintett G-Dur, zu welcher sich Robert Neumann (Violine), Thomas Kristen (Violoncello) und Michael Capek (Klavier), die als Lehrer an der Franz Schmidt-Musikschule wirken, mit der Schülerin Mirjam Österreicher (Viola) und Eri Ota-Melkus, Violinistin im Streichquartett Wien-Tokyo, zu einem gut miteinander harmonierenden Ensemble zusammentaten. Als eine Begabung, die zu großen Hoffnungen Anlass gibt, erwies sich die zwölfjährige Pianistin Agnes Krenn. Sie trug ein gerade erst anlässlich des Schmidt-Jubiläums entstandenes Werk des österreichischen Komponisten Florian C. Reithner (*1984) vor. Reithner hat diesem Madrigal ein Thema Schmidts zugrunde gelegt, aber nicht verraten, um welches es sich handelt. Da er Schmidt nie wörtlich zitiert, muss man sich beim Versuch, die Frage zu klären, an Assoziationen halten. Ich habe den Eindruck, dass es sich um das Thema des Lammes aus dem Buch mit sieben Siegeln handelt. Einmal davon abgesehen ist das Stück, das stilistisch viel mehr an Olivier Messiaen als an Schmidt erinnert, eine schätzenswerte Arbeit eigenen Rechts und macht neugierig auf weitere Musik seines Autors.

Der Abend, der mit dem Beginn der Ersten Symphonie in Jonathan Bermans Aufnahme eingeleitet wurde, klang mit Schmidts unverwüstlicher Zugnummer, dem Intermezzo aus der Oper Notre Dame, ebenfalls in der von Berman dirigierten Einspielung, aus. Mit diesem gelungenen Abschluss ihres Gedenkprogramms darf die Franz Schmidt-Musikschule Perchtoldsdorf getrost für sich einen Ehrenplatz in der Rezeption ihres Namensgebers im Jahr seines 150. Geburtstags beanspruchen.

[Norbert Florian Schuck, Januar 2025]