Linn Records, AKD 524; EAN: 6 91062 05242 9
„We’ve Got A World That Swings“ heißt die Duett-CD von Claire Martin und Ray Gelato, erschienen in der Jazzreihe von Linn Records. David Newton spielt das Klavier, am Kontrabass ist Dave Whitford, und die Rhythmussektion wird von Sebastián de Krom übernommen.
Die Jazzaufnahmen von Linn Records stehen fast ausnahmslos für exzellente Qualität und haben immer wieder zum Staunen angeregt – „Just Listen„, dieses Motto von Linn wird tatsächlich Programm. Ein absolutes Highlight des letzten Jahres war zweifelsohne Liane Carrolls „Seaside“, eine der fantastischsten und vielseitigsten heutigen Jazzstimmen in einer der bestabgestimmten und auch instrumental überzeugendsten Aufnahmen. So liegt die Messlatte also hoch für die neue CD von Claire Martin und Ray Gelato.
Die Platte lässt sofort ein typisches Cocktailbar-Feeling aufkommen, die Musik ist leicht und beschwingt ohne großartige Überraschungen oder hochkomplexe Passagen – ideal zum Nebenbeihören. Doch wollen wir uns hier nicht davon hinreißen lassen, die Musik ohne sonderliche Aufmerksamkeit laufen zu lassen, sondern nehmen sie aktiv unter die Lupe. Dabei fällt nun auf, dass eigentlich nichts auffällt: Die Musik ist angenehm und locker zu hören, hat sowohl vom instrumentalen als auch vom gesanglichen Aspekt gute Qualität, doch sticht sie durch absolut gar nichts hervor. Beide Sänger, Claire Martin wie auch Ray Gelato, haben einen überzeugenden Swing und eine absolut klare Textverständlichkeit. Hinsichtlich der klanglichen Schattierungen besticht Martin mehr, sie kann ihre Stimme vielseitiger einsetzen, ein leichtes Hauchen und ein geschickt für besondere Effekte eingesetztes Vibrato zur aktiven Gestaltung der Textvorlage verwenden. Ray Gelato wirkt dagegen etwas statischer, nutzt wenige Dynamikveränderungen und hält den einmal angeschlagenen Tonfall konsequent durch. Wenn sie beide im Duett singen, neigt Ray Gelato zu einem rufenden Tonfall.
Von den Instrumentalisten fällt besonders Dave Whitford am Kontrabass positiv auf, der durchgehend vernehmbar bleibt, ohne sich in den Vordergrund zu drängen. Sein Pizzicato ist treffsicher und von bestechendem Groove, hat einen warmen und abgerundeten Klang, den Whitford auch schwingen lässt, anstatt ihn zu trocken zu nehmen. David Newtons Klavierstimme gestaltet sich harmonisch einfach und verwendet ausschließlich standardisiert typische Skalen, die er in vergnügtem Improvisationsstil auskostet. Alles ist sehr eingängig und locker, und auch er pflegt dynamisch weitgehend ein Einheitslevel, das die gesamte Einspielung und alle Musiker durchzieht und deshalb besonders zum Abschalten und Nebenbeihören einlädt. Für den rhythmischen Swing ist Sebastián de Krom an Drums und Percussion zuständig, eine Aufgabe, die er exzellent ausführt, und damit bis auf wenige besonders schöne Rhythmen vor allem in The Coffee Song keine Aufmerksamkeit zieht.
„We’ve Got A World That Swings“ ist eine grundsolide Platte und für jede Cocktailparty zu empfehlen. Die musikalische Qualität ist durchweg gut, bleibt lediglich durch absolut nichts für längere Zeit als besonderes Erlebnis im Gedächtnis. Viel Spaß also mit dieser locker-flockigen Frühsommer-Veröffentlichung!
[Oliver Fraenzke, Mai 2016]