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Zwei Orchester

Matinée „Familienkonzert der Gung’l-Orchester“ am 10. Mai 2018 um 11 Uhr im Prinzregententheater

Bad Reichenhaller Philharmoniker und Symphonieorchester Wilde Gungl München
Dirigenten: Christian Simonis und Michele Carulli; Moderation: Dr. Arnim Rosenbach;
Solisten: Yan Zhang (Violine); Michele Carulli (Klarinette)

©M. Hallensleben
©M. Hallensleben

Was ist schöner als ein Orchester? Nun, natürlich zwei, davon eins, die Wilde Gungl aus München und eins, die Bad Reichenhaller Philharmoniker aus Reichenhall! Und was für ein prächtiges Bild, diese vielen, vielen Musikerinnen und Musiker mit ihren beiden Dirigenten Michele Carulli und Christian Simonis. Nach einigen Anmerkungen zur Geschichte und zur Verbindung über den Dirigenten und Komponisten Josef Gung’l, den Begründer, begannen sie gemeinsam mit einem Festmarsch von Richard Strauss (1864–1949) von 1888 in strahlendem C-Dur. Schon das zweite Stück, wieder von Strauss, dem damals 13-jährigen Wunderkind, einer Orchester-Serenade, verblüffte durch seine raffinierten Orchesterfarben und lassen die spätere Meisterschaft durchaus erahnen. Wie üblich moderierte Konzertmeister der Wilden Gungl Arnim Rosenbach auf seine charmante Art und sagte als nächstes Stück vor einer Pause die Ouvertüre zur Oper „Die diebische Elster“ von Gioachino Rossini (1792–1868) an. Die beiden Orchester liefen unter dem Dirigat von Maestro Carulli zur Höchstform auf. Mit vollem Einsatz – wie wir es kennen – feuerte er seine Musikerinnen und Musiker an. So lebendig, kraftvoll und begeisternd habe ich dieses Stück noch nie erlebt, großer Jubel und verdienter Beifall auch für die solistischen Passagen und ihre Spielerinnen und Spieler. Nach der Pause übernahm gleich Maestro Simonis die Leitung und begeisterte mit einem Galopp von Josef Gung’l (1809–1889), bevor Michele Carulli als Solist an „seinem“ Instrument, der Klarinette, das zauberhafte Adagio von Heinrich Joseph Baermann (1784–1847) mit den Streichern zusammen anstimmte. Baermann, selber ein hochberühmter Klarinettist und Komponist des 19. Jahrhunderts, wusste dem Instrument in allen Lagen berückende Musik abzugewinnen. Beide Orchester wieder gemeinsam musizierten danach zwei Stücke vom Gründer Gung’l, einen Isar-Lieder-Walzer Opus 209, „den freundlichen Bewohnern Münchens gewidmet“ und einen rasanten Galopp, den „Narrengalopp“ Opus 182. Die Bandbreite des Konzertes reichte von Rossini bis Charles Kálmán (1929–2015), dem Sohn des berühmten Emmerich Kálmán, der für Sologeige und Streichorchester ein Stück namens „Nostalgie“ komponierte. Die Konzertmeisterin der Reichenhaller, Frau Yan Zhang, spielte mit intensivster Tongebung, aufs aufmerksamste begleitet von ihren Mitmusikerinnen und Mitmusikern dieses melancholisch-melodische Kleinod. Rauschender Beifall, bevor es mit Maestro Carulli wieder zum letzten Programmpunkt ging, dem Walzer und Galopp aus der Suite „Maskerade“ vom armenischen Komponisten Aram Chatschaturjan (1903–1978). Auch hier zogen die Spielerinnen und Spieler beider Orchester noch einmal alle Register ihres Könnens, wieder mit unermüdlichem Einsatz von Leib und Seele des Dirigenten. Nach dem tosenden Beifall die erwünschte und geforderte Zugabe: „Unter Donner und Blitz“, Schnellpolka von Johann Strauß (1825–1899)! Blumen über Blumen, Beifall über Beifall und das Ende eines gemeinsamen Konzertes, von dem wir uns alle eine weitere Zusammenarbeit erhoffen und wünschen. So ein tolles Feiertags-Geschenk für die ganze Familie, vielen Dank allen Beteiligten auf, vor und hinter der Bühne!

           

[Ulrich Hermann, Mai 2018]

 

Melodienzauber

Open-Air-Konzert „Sommerserenade“ am 22. Juli 2017 um 20 Uhr im Brunnenhof der Residenz
Symphonieorchester Wilde Gungl München Dirigent: Michele Carulli; Moderation: Dr. Arnim Rosenbach

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Fotos: Matthias Hallensleben

Am Morgen war es noch bedeckt, am Abend allerdings wurde es ein traumhafter Sommerabend. Und dazu diese Sommerserenade im Brunnenhof, der fast voll war, Herz, was willst Du mehr? Das Orchester begann – wie üblich und bei „normalen“ Konzerten leider eben nicht mehr üblich – mit der Anmoderation des Konzertmeisters Arnim Rosenbach. Auf seine sehr ansprechende und informative Art führte er das erste Stück von Gioacchino Rossini ein, die Ouvertüre zu seiner Oper „Il Signor Bruschino“, bei dem der Dirigent Michele Carulli natürlich voll in seinem Element war. Ein wundervoller sommerlicher Auftakt dieses Abends. Als kleines „Schmankerl“ hatte Rossini in diese Instrumentierung für die zweiten Geigen ein Extra hineinkomponiert, denn die durften sich zeitweise als „Klopf-Geister“ mit ihren Bögen auf einem Brett, das sie auf den Schoß gelegt hatten, austoben. Als zweites Stück des Abends stellte Arnim Rosenbach das Trompetenkonzert Es-Dur von Joseph Haydn vor und den Solisten, den 22-jährigen Valentin Hammerl. Der junge Trompeter verzauberte mit seinem strahlenden, aber immer weichen und schönen Ton. Vom Orchester wurde er besonders intensiv und gefühlvoll begleitet, kein Wunder, denn Michele Carulli – selbst mit 19 Jahren Soloklarinettist an der Mailänder Scala – weiß natürlich genau, welch eine Rolle die einfühlsame Begleitung bei einem Solo-Konzert spielt. Besonders der langsame überaus melodiöse zweite Satz geriet zu einem musikalischen und klanglichen Höhepunkt. Schade, dass dieses Konzert fast 150 Jahre lang nach seiner Uraufführung in der Versenkung verschwunden war, es ist ein absolutes Meisterwerk seiner Gattung. Dem jungen Solisten kann man für seinen weiteren Weg nur alle Daumen drücken. Nach der Pause – in der ich mit dem Solisten einige Worte wechselte, und der unter anderem darauf bestand, dass sein Name mit W und nicht wie bei seinem berühmten Namensvetter Karl V. mit Vau ausgesprochen wird – erläuterte Arnim Rosenbach einiges zum folgenden Stück: Johannes Brahms und seiner Orchester-Serenade op. 11. In dem nun folgenden 45 Minuten langen Werk zeigten die Musiker der „Wilden Gungl“ alles, was in ihnen steckt. Die sechssätzige Serenade – fast schon eine Vorstufe zu Brahms’ späteren Symphonien – fordert den Musikern alles ab an Spielfreude, an intensivem Aufeinander-Hören, an Extremen in der Dynamik und an den typisch Brahms’schen rhythmischen Finessen. Und wie das Orchester, in denen einzelne solistisch sehr gefordert waren, z. B. der Paukist, die Bläser, die Kontrabässe, diese Musik sich entfalten und sie so entstehen ließ, war einfach großartig. Und brachte dem Dirigenten Michele Carulli und „seinem“ Orchester großen Beifall und mehrere „Bravos“. Zum Abschluss dieses famosen Musik-Abends erklang noch einmal der Beginn der Reprise des vorletzten Satzes. Und damit ging ein herrlicher Sommerabend im wunderschönen Münchner Brunnenhof zu Ende. Seit ich dieses Orchester und seine Konzerte mitverfolge, wird immer auffälliger, dass natürlich alles besser und intensiver wird, aber besonders auffällig ist die stetige Steigerung bei den Streichern, die mir schon in den letzten Aufführungen sehr deutlich wurde. Schon jetzt freue ich mich auf die nächsten Konzerte mit der „Wilden Gungl“.

Ceterum Censeo: Auch wenn das gesamte berühmte Münchner Zeitungs-Feuilleton diese Konzert wieder mal mit intensiver Nicht-Zur-Kenntnis-Nahme gewürdigt hat, dennoch: Wann wachen die bestimmten Damen und Herren auf und nehmen dieses inzwischen gar nicht mehr zu überhörende Münchner Orchester mit seinem über 153-jährigen Bestehen endlich zur Kenntnis.

[Ulrich Hermann, Juli 2017]

Gefilde der seligen Geister

Matinée am 5. Mai 2016 um 11 Uhr im Prinzregententheater
Symphonieorchester Wilde Gungl München
Dirigent: Michele Carulli; Moderation: Arnim Rosenbach

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Am strahlenden Himmelfahrtstag ein strahlendes Konzert im ausverkauften Saal des Prinzregententheaters, das ist ein treffliches Zusammenkommen. Und solch ein Konzert können die Münchner nur mit „ihrer“ WILDEN GUNGL erleben! Aufforderung zum Tanz hieß das Motto nach dem berühmten Stück von Carl Maria von Weber – das natürlich auch zu hören war im bunten Strauß der Stücke, die dieses Himmelfahrts-Konzert ausmachten. Viele davon waren die sogenannten Reißer, der Blumenwalzer aus dem „Nußknacker-Ballett“ von Tschaikowsky, der Kaiserwalzer von Strauß, Kontretänze des jungen Beethoven, zu Beginn ein Mozart-Menuett aus dem Divertimento KV 317. Also alles Stücke, die man durchaus kennt und sicher auch schon oft gehört hat. Auf CD, im Radio oder sonst wo. Aber:

So, wie sie heute die Musikerinnen und Musiker des Symphonieorchesters Wilde Gungl entstehen ließen, wie es eben doch nur bei einem Live-Konzert zu erleben ist, das hat wieder einmal die ganze Kraft und Energie der Tonkunst gezeigt. Keine noch so gute Aufnahme, kein noch so guter Mitschnitt kann eben das leibhaftige Entstehen von Musik ersetzen, da hatte Maestro Celibidache einfach Recht.

Und wie die Kompositionen heute entstanden! Anmoderiert auf seine unnachahmlich charmante Art vom Konzertmeister Arnim Rosenbach ergab sich aus dem Programm mit den vielen Einzelstücken ein wunderbarer Bogen von Mozart bis zu den zwei Zugaben, die sich das begeisterte Publikum erklatschte. Und gerade bei den scheinbar ach so oft gehörten „Ohrwürmern“ kam durch die Klangentfaltung und durch das Wahrnehmen der einzelnen Orchestergruppen oder Solisten das „Gungl-Wunder“ – wie es der Präsident Kurt-Detlef Bock hinterher beschrieb – eben jene Magie auf, die Musiker und Zuhörer gleich verzauberte und mitnahm in die „Gefilde der Seligen Geister.“

Natürlich hatte Maestro Michele Carulli daran den Anteil, den er als Dirigent an all den drei Konzerten, die ich bisher das Vergnügen hatte, zu hören, als „Anfeuerer“, als tänzerischster „Begeisterer“ eben einfach hat. Seine intensive und mitreißende Körpersprache, sein völliges Aufgehen im Augenblick der Gestaltung eines Stückes, sind umwerfend, eben con anima e corpore, wie ich schon einmal schrieb. Nur waren es heute eben Aufforderungen zum Tanz, die ein leider zum Stillsitzen verurteiltes Publikum eben nur innerlich – immerhin – erleben konnte. Der schon beim letzten Konzert im Herkulessaal ausnehmend weiche und dennoch füllende Klang der Streicher wurde aufs Schönste und Passendste ergänzt und gesteigert durch die Bläser und in einigen Stücken natürlich auch durch die Pauke, die Harfe (!) und verschiedenste „Schlagzeuge“. Den Solistinnen und Solisten galt denn auch nach jedem Stück Maestro Carullis Dank, den er – wie zum Schluss auch einigen Damen des Orchesters die Rosen – vollendet „gentlemanlike“ zum Ausdruck brachte.

Im letzten Stück des offiziellen Programms – einem Ausflug nach Brasilien mit der Komposition „Tico-Tico“ von Zequinha de Abreu – brach ein Beifallssturm los, den das Orchester zusammen mit Maestro Carulli mit zwei Zugaben beantwortete. Im letzten, einem Galopp des Namensgebers des Orchesters Josef Gung’l machte er sich mit perfekt geschauspielertem „Entsetzen“ über seine „Rolle“ als Dirigent lustig: nach dem Goethe’schen Motto „Wer sich nicht selbst zum Besten halten kann, der ist gewiß nicht von den Besten!“

Und das kann man von ihm und „seinem“ Orchester“ nach diesem wunderbaren, herzbewegenden Konzert sicher nicht sagen.

(Ceterum censeo: Auch die Münchner Presse täte langsam gut daran, die Konzerte der „Wilden Gungl“ endlich einmal angemessen zur Kenntnis zu nehmen und zu würdigen!)

[Ulrich Hermann, Mai 2016]