TYX art, TXA17097; EAN: 4 250702 800972
Eingerahmt von Bachs Französischen Suiten Nr. 5 G-Dur BWV 816 und Nr. 3 h-Moll BWV 814 spielt Alexandra eine Auswahl an Mazurken von Frédéric Chopin: Op. 6 Nr. 1, Op. 7 Nr. 2, Op. 17 Nr. 4, Op. 24 Nr. 2 und 4, Op. 50 Nr. 3, Op. 63 Nr. 3, Op. 67 Nr. 4 sowie Op. 2 und 4. Die CD erschien bei TYX Art.
Klarheit, Schlichtheit und absolute Formbeherrschung charakterisieren sowohl die beschaulichen und nicht zu unterschätzenden Französischen Suiten von Johann Sebastian Bach als auch die das polnische Nationalgefühl mit französischer Note einfangenden Mazurken von Frédéric Chopin. Wo den Fingern kaum eine übermäßige Aufgabe gestellt wird, ist der Geist gefragt, die kurzen Sätze und Tänze mit Bewusstsein und Verständnis zu erfüllen.
Alexandra Sostmann hat eine klare Vorstellung über das Konzept der Französischen Suiten und weiß, dieses auch verständlich zu vermitteln, was den Sätzen jene Geschlossenheit und Logik gibt, die der Pianist in ihnen entdecken muss, um sie zu erfassen. So gelungen das allgemeine Verständnis dieser Suiten ist, spielen kleine Unaufmerksamkeiten doch immer wieder gewaltig gegen den Strich und somit gegen die zusammenhängende Gestaltung: Regelmäßig brechen die Finger kurz aus und stören den Kontext, sei es durch immer wieder zu bemerkendes, unkorreliertes Schnellerwerden oder durch ungewollte dynamische Hervorhebungen beispielsweise von Trillern oder Verzierungen. Insgesamt ist allerdings die innere Ruhe und Luzidität der Darstellung bemerkenswert.
Es scheint ein gängiges Phänomen zu sein, was sich auch in dieser Aufnahme der Mazurken Chopins abzeichnet: Immer mehr Pianisten versuchen, in diese Werke alles nur Erdenkliche hineinzudeuten und ihnen die Anmutung ehrfurchtgebietender Monumentalität zu verleihen. Rubati und freie Tempi, verschliffene Rhythmen, große dynamische Kontraste und Ähnliches sollen eine persönliche Note hineinbringen. Und doch sind Mazurken im Kern immer noch Volkstänze, leicht und schlicht, absolut unprätentiös und unkompliziert. Es würde reichen, ihnen nur das allernötigste an Individualismen aufzuprägen, um diesen kleinen Perlen den vollen Glanz zu verleihen. Zu viel „überfrachtet“ die Tänze: Vernehmbare, doch subtile Kontraste und lediglich formuntergliedernde Ritardandi reichen vollkommen aus, die Mazurken zur angemessen sublimierten Stilisierung echter Volkstänze werden zu lassen.
[Oliver Fraenzke, September 2017]