Trio Cremeloque: Beethoven – Klaviertrios Op. 1, Nr. 3 und Op. 11 „Gassenhauer-Trio“ – Arrangiert für Oboe, Fagott und Klavier
EAN: 730099149836 / Katalog-Nr.: 8.551408
Das Trio Cremeloque ist in Lissabon beheimatet, setzt sich
aber zusammen aus Künstlern dreierlei Nationalitäten. Savka Konjikusic, Luís Marques und
Franz-Jürgen Dörsam sind somit ein paneuropäisches Trio, und als wäre das nicht
schon etwas Besonderes, spielen sie zudem noch in einer äußerst ungewöhnlichen
Besetzung.
Bei der Einspielung zweier populärer Klaviertrios von Ludwig
van Beethoven ersetzt beim Trio Cremeloque die Oboe von Luís Marques die
Violinstimme und das Fagott von Franz-Jürgen Dörsam das Cello. Und so klingt das
populäre „Gassenhauer-Trio“ Op. 11 B-Dur einmal ganz anders. Die warmen
Holzbläser-Klangfarben tun der Qualität dieser Musik keinerlei Abbruch, und so
darf man dieses Experiment wohl als durchaus gelungen bezeichnen.
Dass die Musiker, die in diesem Trio nun einmal in der
Besetzung Oboe, Fagott, Klavier musizieren, diese Stücke zum „Beethoven-Jahr“
so für sich eingerichtet haben und damit sicherlich eine reizvolle Alternative
für Konzertveranstalter darstellen, ist unbenommen. Ob man die Ergebnisse
dieser Bemühungen auch für Tonträger einspielen musste, steht auf einem anderen
Blatt. Denn abgesehen von der Änderung der Klangfarben, kann man hier
schwerlich einen „Mehrwert“ erkennen. Gleiches gilt für das Klaviertrio Op. 1,
Nr. 3 c-Moll. Mit dem „Allegretto für Klaviertrio“ WoO 39 B-Dur gibt es außerdem
noch eine kurze Zugabe obenauf, sodass das Album alles in allem eine knapp einstündige
Spielzeit aufweist.
Zusammengefasst ist dieses tadellos gespielte, wenngleich von
der Klangtechnik her nicht ganz optimale Album eher ein „nice to have“ als ein
„must buy“, kurz: Für den Konzertverkauf der Künstler sicherlich optimal, für
den allgemeinen Beethoven-Fan vielleicht eher „nebenbei“ interessant.
Ludwig van Beethoven: Klavierkonzerte Nr. 6 (Weltersteinspielung Fragment), Nr. 2, Op. 19 und Nr. „0“ (WoO 4); Symphoniker Hamburg – Peter Ruzicka; Sophie-Mayuko Vetter (Klavier)
Oehms OC1710/EAN: 4260330917102
Sophie-Mayuko Vetter ist eine außergewöhnliche Künstlerin:
Sie ist als eine von nur sehr wenigen Interpretenpersönlichkeiten sowohl auf
dem modernen Konzertflügel „zu Hause“ als auch auf allerlei historischen
Fortepiani, und – wichtig zu erwähnen – sie hat in beiden Fächern eine
fundierte Ausbildung genossen, wie sich überhaupt der Lebens- und
Ausbildungsverlauf der Pianistin sehr beeindruckend liest: Klavier-Studium bei
Edith Picht-Axenfeld, Leon Feuchtwanger und Vitaly Margulis, Musikwissenschaft
bei Claus-Steffen Mahnkopf und Peter Gülke, historische Aufführungspraxis bei
Robert Hill. Man fragt sich, ob man sich wundern soll oder ob es vielmehr nur
folgerichtig ist, dass eine so ausgebildete Interpretin zudem einen eigenen
Stil entwickeln konnte, der mit dem aktuellen, durch eine Weltersteinspielung
sehr aufsehenerregenden Beethoven-Album beim Label Oehms im Status der Reife
angekommen zu sein scheint.
Zu hören ist auf Sophie-Mayuko Vetters neuer CD in
Weltersteinspielung ein Fragment von Beethovens sechstem Klavierkonzert
(vervollständigt von Nicholas Cook und Hermann Dechant), das bekannte zweite
Klavierkonzert Beethovens Op. 19 sowie das immer noch vergleichsweise selten zu
hörende Jugendkonzert in Es-Dur WoO 4.
Sophie-Mayuko Vetter erweist sich als eine mit allen Wassern
gewaschene Pianistin, die sozusagen über den Belangen der Spieltechnik steht
und gerade deswegen in der Lage ist, eine im besten Sinne poetische
Interpretation aller Stücke zu erreichen. Peter Ruzicka, seines Zeichens
Dirigent, Komponist und Intendant in Personal-Union, ist mit den vorzüglich
aufgelegten Hamburger Symphonikern ein kongenialer Partner. Und auch die
hervorragende Tontechnik tut hier ein Übriges hinzu.
Natürlich kann man sich trefflich über bestimmte Aspekte
streiten: Wäre das eingespielte, rekonstruierte Fragment des ersten Satzes
eines sechsten Klavierkonzerts wirklich so im Sinne Beethovens? Fragt man mich,
so würde ich sagen: Wahrscheinlich nicht, denn Beethoven war ein akribischer
Ausarbeiter und hätte die bisweilen dürftigen Themen sicherlich noch viele Male
umgearbeitet, um ein Ergebnis zu erzielen, das seinen Ansprüchen genügt hätte.
Ich würde aber auch sagen, dass das Anhören dieses Re-Konstrukts sehr viel
Freude macht und die Einspielung sicherlich sehr lohnenswert war.
Das eigentliche Highlight des Albums ist für mich das
Klavierkonzert Nr. 2, Op. 19, das Sophie-Mayuko Vetter mindestens auf Augenhöhe
mit auch den größten Beethoven-Interpreten der zumindest jüngeren Vergangenheit
interpretiert. Zum Glück verfallen weder sie noch Ruzicka dem Drang, die Tempi
zu schnell zu nehmen, und so ist dieses vielleicht zarteste aller
Beethoven-Konzerte in dieser Einspielung schier ein Gedicht! Besonders
auffällig hierbei auch die ausgezeichneten Holz- und Blechbläser der Hamburger
Symphoniker. Ja, wirklich in allen Bereichen ist das eine ganz ausgezeichnete
Aufnahme, und man würde sehr gern auch noch andere Beethoven-Konzerte aus den
Händen Vetters entgegennehmen.
Ob es hingegen nun das Jugendkonzert WoO 4 sein musste,
lasse ich da mal dahingestellt. Sicherlich ist dieses Stück ein eindrucksvolles
Beispiel für Beethovens jugendliche Frühreife, und es ist eine gute Erinnerung
daran, weil man Beethoven selten mit dieser frühen Reife in Bezug setzt,
sondern eher den Fokus auf seine „titanischen“ Spätwerke legt. Gleichwohl ist
die Komposition im direkten Umfeld einfach erkennbar nicht gleichrangig und
dann auch noch am Ende des Albums platziert, sodass sich der Eindruck eines
kompositorischen Rückschritts förmlich aufdrängt. Chronologisch hingegen war es
ja anders herum.
Sophie-Mayuko Vetter spielt bei der Aufnahme dieses
Jugendwerks einen historischen Broadwood-Flügel von der Art, wie ihn auch
Beethoven unter seinen Instrumenten gehabt haben könnte.
Es ist erstaunlich, dass der Zusammenklang von historischem
Instrument und modernem Sinfonieorchester so gut funktioniert, und es ist
bemerkenswert, dass die Interpretin auch auf diesem gewiss nicht einfach zu
beherrschenden Instrument ihren persönlichen Stil beibehalten kann und auch
nicht in Versuchung kommt, affektierte Manierismen der historischen
Aufführungspraxis aus dem Köcher zu holen.
Und so bleibt festzuhalten, dass wir hier ein
Beethoven-Album haben, das zwar polarisieren wird, das zwar zu Diskussionen und
dem Austausch von Meinungen förmlich herausfordert, das aber gerade deshalb so
erfrischend und positiv ist, weil dies zum Beginn des „Beethoven-Jahres“ 2020
geschieht, in dem wir Polarisierung, Debatte und Austausch viel nötiger
brauchen als leere Marketing-Hülsen und tausendmal Aufgewärmtes. Insofern: Hut
ab vor Sophie-Mayuko Vetter! Möge sie ihrer Linie treu bleiben und weiterhin so
spannende Entdeckungen zu Gehör bringen! Einspielungen von „Standardrepertoire“
haben wir wahrlich genug.